Bedanken möchten wir uns auch bei den Fans, auf denen wir uns immer verlassen konnten. (Andreas Brehme)
Same procedure as every year: Gegen Ende September wird die neuste Fassung der beliebten
Soccer-Simulation Fifa auf den Markt geworfen und die fußballbegeisterte Gamerwelt steht Kopf. Nicht
immer nur aus Begeisterung über das, was das kanadische Entwicklerteam bei EA Sports jährlich abliefert.
Zum einen hat sich mit der Entwicklung von Pro Evolution Soccer aus dem japanischen Hause Konami ein waschechter
Glaubenskrieg entwickelt, welches Fußballspiel das bessere (beliebig zu ersetzen durch "schnellere", "realistischere",
"anspruchsvollere" etc.) sei, zum anderen vernimmt man jährlich die üblichen Unkenrufe: Die neuste Version wird angespielt
und schnell heißt es, die jeweils ältere habe mehr Spaß gemacht. Der Mensch ist halt ein Gewohnheitstier und braucht erst
seine Zeit, um mit Änderungen warm zu werden. Ganz im Gegenteil, wenn es um die Teams und Transfers geht. Das muss immer
auf dem neusten Stand der Newsticker sein - aber bitte nicht für den Preis.
Deutlich aufgeräumter und übersichtlicher: Das Hauptmenü |
Jedes Jahr ein Vollpreisupdate erwerben zu
müssen, um die Daten aktuell halten zu können, ist der beliebteste Kritikpunkt an der Fifa-Serie. Ob das gerechtfertigt
ist, sei einmal dahingestellt. Denn egal wie sehr man das auch eine Preispolitik als Rezensent oder Fan verurteilen mag,
gekauft wird trotzdem und so ist Fifa eines der kommerziell erfolgreichsten Spiele auf dem Markt. Ohne aber zu viel
vorwegnehmen zu wollen: Fifa 12 ist kein Daten-Update. Also nicht nur. Auf dem virtuellen Rasen hat sich einiges getan,
was es mehr als wert ist, genauer unter die Lupe genommen zu werden.
Ball rund muß in Tor eckig! (Helmut Schulte)
Dass es um Fußball geht, muss man zu Fifa nicht großartig hinzuschreiben.
Keine Spielbeschreibung, Einleitung, Vorgeschichte… nur zwei Mannschaften mit jeweils 11 Mann,
die gegeneinander antreten, um mindestens ein Tor mehr als der Gegner zu schießen. Kurz: Es geht um
die schönste Nebensache der Welt. Wer damit nichts anfangen kann, kennt Fifa ohnehin nicht.
Da die
Entwickler also nicht am Spielprinzip rütteln und diesbezüglich nicht mit Neuerungen überraschen können,
liegt es in der Natur der Sache, dass man versucht, eine Simulation mit jeder neuen Fassung realistischer
zu gestalten. Hierzu hat sich EA in diesem Jahr einige Dinge einfallen lassen.
Direkt nach dem Einschalten wird man durch ein Tutorial begrüßt und ganz schnell wird klar,
dass sich etwas Grundlegendes verändert hat. Die alte Abwehr, mit der man permanenten Druck auf den ballführenden
Spieler ausübte, wurde durch eine taktische Defensive ersetzt. Konnte man früher noch einfach den richtigen Knopf
gedrückt halten, um den Ball zu erobern, muss man nun den Überblick behalten. Das Spiel im Raum ist wichtig
und darüber hinaus vor allem eines: das richtige Timing, was ja an sich auch logisch ist. Der Verteidger
muss erst einmal an seinen Gegenspieler herankommen, um attackieren können. Hat sich das erst erschlossen,
ergibt das neue System auf wunderbare Art und Weise Sinn. Setzt man im falschen Moment zu einem Tackling an,
kann das schon mal ziemlich peinlich für den Verteidiger aussehen, wenn dieser recht unbeholfen ins Leere rutscht.
Für das gesamte Gameplay bedeutet das einen sehr großen Einschnitt, von daher wäre
ein ausführlicheres Tutorial oder gar ein optional wählbares "Trainingscamp" schön gewesen.
So heißt es nur üben, üben, üben und zwar im richtigen Match. Zwar kann man im Menu auf die alte
Verteidung zurückgreifen, der neuen sollte aber eine Chance gegeben werden. Zum einen wird man auf
Dauer mit einem wirklich realistischen Verteidigungsspiel belohnt, zum anderen aus dem pragmatischen
Grund, dass man online NUR mit der neuen Verteidigungsvariante spielen kann.
Das Chancenplus war ausgeglichen. (Lothar Matthäus)
Zwar hat man das Gefühl, dass sich Fifa im Gameplay mit jeder Version langsamer anfühlt,
diesmal kann man das aber sogar für einen durchdachteren Spielaufbau und schöne Ballstafetten nutzen. Hinzu
kommt eine KI, die oft von alleine die richtigen Laufwege nimmt. Zusammen mit der neuen Verteidigung ergeben
sich hierdurch unterm Strich mehr Torchancen. Die Betonung liegt auf Chancen, da man seitens EA eine gute Balance
gefunden hat, um das nicht ausufern zu lassen. Die Torhüter haben an Spielintelligenz und Stärke zugelegt.
Hier durch Weichzeichner, bzw. Tiefenunschärfe kaschiert: Kaum grafische Verbesserungen beim Publikum
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Eine weitere Neuerung ist die sogenannte Player Impact-Engine, die ein realistischeres physisches Verhalten
der Spieler garantieren soll. In ihren großen Momenten kann man erahnen, dass das auf jeden Fall einmal für
einen noch größeren Realismus sorgen wird, doch momentan ist das Ganze noch zu unausgereift. Grafikfehler und
unrealistische Stürze sorgen dafür, dass das neue System den hohen Erwartungen noch nicht gerecht wird.
Bezüglich Realismus ist das aber Meckern auf hohem Niveau. Die gesamte Präsentation ist wieder einmal
stimmig und die Atmosphäre unglaublich. Wären nicht die videospieltypischen Einblendungen, könnte man das
Geschehen teilweise nicht mehr von einer Fernsehübertragung unterscheiden. Lizenzen, Spieler, Stadiongesänge... hier
ist Fifa dieses Jahr wieder eine Klasse für sich.
Ins Leere grätschen: Ohne Übung keine Seltenheit beim neuen Verteidigungssystem
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Da lässt es sich auch verschmerzen, dass das Geschehen rund um den Platz grafisch nicht
wirklich verbessert wurde oder Kommentare manchmal zu den unmöglichsten Zeitpunkten kommen.
Wenn man gerade einen Fehlpass verursacht hat, möchte man nicht von Frank Buschmann hören,
dass der Spieler nicht vom Ball zu trennen sei. Aber wie gesagt, bzw. geschrieben ist das Kritik
auf hohem Niveau, denn was zählt ist auf dem Platz. Dort punktet Fifa, ganz besonders im Online-Modus,
bei dem die Möglichkeiten schier unendlich sind. Freundschaftspiele, Liga, Rangliste oder gar Spiele elf
gegen elf, Fifa spielt online seine ganzen Stärken aus.
Das sind Gefühle, wo man schwer beschreiben kann. (Jürgen Klinsmann)
Fazit | Fifa 12 ist ein mutiger Schritt. Das neue Defensiv-System hat
schon einigen alteingesessenen Fifa-Fans vor den Kopf gestoßen. Dabei ist das der konsequente Schritt Richtung perfekter
Fußball-Simulation. Beherrscht man erst einmal die Verteidigung, wird man mit unzähligen Stunden Spielspaß belohnt. Fifa
ist das Maß aller (Fußball)-Dinge und hat sich fünf Sterne verdient. Werden noch oben genannte Mängel beseitigt, gibt´s
auch noch den Pokal der Herzen dazu.
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Metakritik
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